Modem für Parallelübertragung![]() ![]() ![]() ![]() Ein Modem für Parallelübertragung oder Parallelmodem ist ein Modem, also ein Datenübertragungsgerät, bei dem die Daten nicht bitseriell, sondern zeichenweise übertragen werden. Die Geräte waren bis ca. 1990 häufig im Einsatz und dienten dazu, Daten über das Telefonnetz an einen Zentralrechner zu übertragen. Parallelmodems erlauben eine maximale Übertragungsgeschwindigkeit von 40 Zeichen pro Sekunde; der Standard ist 20 Zeichen/s. Serielle Modems nach V.90 haben eine Datenübertragungsrate von 56.000 Bit/s; ein heutiger VDSL2-Anschluss kann theoretisch 200 Mbit/s erreichen. Apotheken und Buchhändler waren oft Benutzer dieser Technik; Apothekermodem war eine umgangssprachliche Bezeichnung von Parallelmodems.[1][2][3][4] Das Fernmeldetechnische Zentralamt (FTZ) erteilte seinerzeit privaten Modems keine Betriebserlaubnis, diese Geräte mussten von der Deutschen Bundespost gemietet werden. Im Jahr 1990 betrug die monatliche Miete mit enthaltener Instandsetzungspauschale für ein Parallelmodem 27,99 DM, ein serielles Modem mit einer Datenübertragungsrate von 4800 bit/s kostete damals monatlich 62,02 DM.[5] Ein typisches Endgerät der damaligen Zeit war der Kleinlochkartenleser. Die vorgesehenen Anwendungen sind Datensammelsysteme (Zentralstation), die von vielen Nutzern (Außenstationen) angewählt werden und eine sehr geringe Datenmenge übertragen. In Deutschland wird diese Technik seit mindestens 1969[6] eingesetzt. Noch im Jahr 2006 gab es sie innerhalb der Wasserwirtschaft in Süddeutschland; es werden damit unter anderem Pegeländerungen von Flüssen oder Talsperren übermittelt.[7][8] Eine Datenübertragung mittels Parallelmodem wurde von der Deutschen Bundespost zu 95 % aller Verbindungen als fehlerfrei garantiert, bei seriellen analogen Modems gab es (Stand 2006) nur eine im Rahmen der technischen Möglichkeiten garantierte Bitfehlerrate. NormungDas Prinzip der Paralleldatenübertragung wurde in verschiedenen Empfehlungen beschrieben. Das CCITT beschloss 1968 die Empfehlung V.30.[9] Diese ging 1976 in die ITU-T Empfehlung V.20 über. Die Empfehlung V.20 ist technisch überholt und wurde 1988 zurückgezogen.[10] Ebenfalls 1976 wurde von der ITU-T die Empfehlung V.19 verabschiedet.[11] In diesem Artikel werden hauptsächlich Modems entsprechend der Norm V.20 beschrieben. ÜbertragungsprinzipBei Parallelmodems übergibt die Datenendeinrichtung ein Zeichen komplett oder zur Hälfte an das Übertragungsgerät. Bei seriellen Modems werden die Zeichen bitweise nacheinander übergeben. Das Übertragungsprinzip beruht darauf, dass mehrere feste Frequenzen gleichzeitig gesendet werden und sich überlagern. Die Dauer einer Frequenzkombination oder der Ruhelage ist minimal 25 Millisekunden. Aus Frequenzgruppen mit vier Frequenzen wird jeweils eine gesendet. Die Ruhelage zur Zeichentrennung ist in der V.19 das Fehlen eines Signales, in der V.20 das Senden der jeweils höchsten Frequenz. Anschaltung an die FernsprechleitungIn der ersten Gerätegeneration einer Außenstation in Deutschland (D20P-A02) wurde die Verbindung zur Zentralstation mit dem dazugehörigen Telefon durch den Bediener aufgebaut. Nachdem eine Verbindung hergestellt wurde, wurde der Telefonhörer in die entsprechenden Mulden des Modems gelegt. Dadurch wurde nicht, wie bei einem Akustikkoppler eine akustische Verbindung zwischen den Teilnehmern aufgebaut. Das Auflegen des Höres betätigte einen Umschalter, der das Telefon von der Leitung abschaltete und das Modem aktivierte. Das Gehäuse dieser Geräte hatte den gleichen Farbton wie ein damals standisierter FeTAp 61 und stellte gleichzeitig eine Auflagefläche für dieses Telefon dar. Spätere Gerätegenerationen konnten auch mittels einer Automatischen Wähleinrichtung für Datenverbindungen oder einer Datentaste mit der Fernsprechleitung verbunden werden. SendedatenITU-T Empfehlung V.19Die V.19 benutzt die Frequenzgruppen einer MFV-Wahl. Durch Kombination sind nur 16 Zeichen darstellbar, was aber für den vorgesehenen Anwendungszweck (Übertragung von Ziffern) ausreichend ist.
ITU-T Empfehlung V.20V.20-Modems arbeiten ähnlich, allerdings mit anderen Frequenzen. Eine Erweiterungsmöglichkeit für eine dritte Frequenzgruppe (B) ist vorhanden.
Zeichenvorrat
EmpfangsdatenParallelmodems arbeiten prinzipiell simplex. Eine Datenübertragung als Antwort war ursprünglich nicht vorgesehen, andere Möglichkeiten sind aber vorhanden. Die Rückmeldung über die empfangenen Daten (Gut/Schlecht-Meldung) kann über einen Ton von 420 Hz erfolgen; die maximale Übertragungsrate beträgt 5 Bit/s. Dies ist eine einfache Amplitudenmodulation (AM): Ton ein oder aus. Ein frequenzmodulierter (FM) Rückkanal mit 75 Bit/s wurde genormt, kam aber kaum zum Einsatz. Der Ton des AM-Rückkanals überschneidet sich mit Signalisierungsfrequenzen aus Telefonanlagen (siehe Ruf- und Signalmaschine); es kam oft zu Fehlinterpretationen bis hin zum Verbindungsabbau. Einfache Parallelmodems hatten einen eingebauten Lautsprecher zur Wiedergabe der Rückmeldungen. Schnittstellen zur DatenendeinrichtungAußenstation V.19![]() Telefon mit Modem für Einfachdatenübertragung im Museum für Kommunikation Frankfurt Ein Modem mit einer Schnittstelle wird in den Normen nicht beschrieben. Ab 1980 gab es spezielle Telefone, die als „Modem“ bezeichnet werden könnten: Sie hatten wahlweise eine Wählscheibe oder einen Tastenwahlblock zum Verbindungsaufbau und links daneben einen zweiten Tastenblock zur manuellen Eingabe der zu übertragenden Daten. Diese Telefone hatten die Bezeichnung FeTAp 7855; der Hersteller war die Firma Hagenuk. Eines der ersten Komforttelefone der Deutschen Bundespost war das Modell „Dallas“. Durch die Umschaltemöglichkeit zwischen Impuls- und Tonwahl wurde es als geeignet zur Teilnahme am Einfachen Datenverkehr beworben.[12] Geräte dieser Art erhielten damals zum Beispiel Sammelbesteller im Versandhandel. Außenstation V.20![]() oben: Parallelmodem D20P-A03 unten: serielles Modem mit V.24 AWD (Verbindungsaufbau) und V.24-Modem (Datenübertragung) Die Schnittstellen zwischen Endeinrichtung und Übertragungseinrichtung sind in der ITU-T-Empfehlung V.24 (deutsche Variante: DIN 66020-1) beschrieben. Die elektrischen Parameter sind allerdings nicht die der oft verwendeten V.28, sondern allgemein einfache Kontakte mit Hin- und Rückleitung (ITU-T V.31). Durch die geringe Übertragungsgeschwindigkeit wurden oft normale Relais zur Steuerung eingesetzt. Die 25-polige Steckverbindung ist die gleiche wie bei seriellen Modems (ISO 2110). Da jede Schnittstelle durch Hin- und Rückleiter zwei Kontakte benötigt, ist die Anschlussbelegung unterschiedlich zu anderen Modems. Eine Verwechslung mit Modems der Zentralstation oder serieller Technik ist möglich. Die in der ersten Spalte dieser Tabellen stehenden Abkürzungen werden umgangssprachlich benutzt.
ZentralstationenDatenübertragung nach V.20 gab es in Deutschland mindestens seit 1969; eine Zentralstation nach V.19 wurde 1978 eingeführt.[13] Die Zentralstationen beider Normen haben die gleiche Schnittstelle:
Die Schnittstelle 191 (Transmitted voice answer), in der DIN 66020-1 als Gesendete Sprachantwort bezeichnet, ist eine Besonderheit. Es ist eine Datenschnittstelle, auf der analoge Signale übertragen werden. Eine Anwendung war ab 1979 die akustische Rückmeldung von Eingaben: Karlchen,[14] eine Fahrplanauskunft der Deutschen Bundesbahn im Bereich Frankfurt. Der Benutzer gab über die Wählscheibe eines Telefons seine Reisewünsche ein, wobei die Bahnhöfe über ihre Telefonvorwahl identifiziert wurden. Nach Eingabe der Abfahrtsuhrzeit (nur Stunden) und des Reisetages und -monats, erfolgte eine Ansage über Reisemöglichkeiten. Heute wird das Auswählen von Menüpunkten über die Tastatur eines Telefons beim Anruf eines Servicecenters allgemein genutzt, was auch eine Art der Datenübertragung ist.
GerätetechnikModem der Außenstation![]() → Geräte geschlossen → Geräte geöffnet Die ursprüngliche Technik war sehr einfach. Es wurden viele Teile aus vorhandenen Telefonen benutzt: Der mechanische Umschalter zwischen Sprach- und Datenbetrieb, das Schauzeichen für Testzwecke, die großen Kondensatoren und Übertrager waren Standardbauteile aus Telefonen der damaligen Zeit. Ein Parallelmodem hatte anfangs keine eigene Stromversorgung; es wurde durch den Schleifenstrom des analogen Fernsprechanschlusses gespeist. Durch diese direkte galvanische Kopplung mit der Fernsprechleitung waren diese Geräte störempfindlich. Überspannungen, die durch Blitzschlag entstehen konnten, führten häufig zur Zerstörung des Modems. Die verwendete V.31-Schnittstelle und die damit gegebene Isolation bietet einen gewissen Schutz gegenüber angeschlossenen Datenendgeräten; diese wurden weniger häufig ebenfalls beeinträchtigt. Die ursprünglich minimale Stromaufnahme bedeutete technisch aber auch eine sehr genaue Fertigung, eine aufwändige manuelle Feineinstellung war notwendig. Jede Sendefrequenz wurde einzeln ermittelt und danach durch einen hochgenauen Widerstand realisiert. Die letzten Parallelmodems wurden deshalb in Digitaltechnik entwickelt; es entfiel der arbeitsintensive Frequenzabgleich. Diese Geräte benötigen allerdings eine eigene Stromversorgung. Eine Außenstation hatte bei der Deutschen Bundespost die Bezeichnung D20P-A (20 Zeichen/sek, Parallelübertragung, Außenstation).[15] Modem der Zentralstation![]() Die Zentralstation ist der Empfänger der kurzen Nachrichten von vielen Außenstationen. Da dieses Modem die unterschiedlichen Toleranzen der Außenstationen verarbeiten muss, ist es aufwändig in der Herstellung und damit teuer. Zentralstationen entsprechend V.19 wurden bei der Deutschen Bundespost D10P-Z genannt; Geräte nach V.20 D20P-Z. Messtechnik![]() Die Messtechnik zum Überprüfen der Funktionsfähigkeit einer Übertragungsstrecke war ursprünglich ebenso einfach aufgebaut wie die damalige Gerätetechnik. Die Bedienung der Schnittstellen erfolgte manuell durch Schalter; wesentliche Funktionen wurden durch Relais gesteuert. Einige integrierte Schaltkreise in TTL-Technik wurden benutzt. Numitron-(Minitron-)Röhren zeigten als Siebensegmentanzeige an, wie viele Millisekunden die Zentralstation nach dem Erkennen der ersten Frequenz alle anderen Frequenzen erkannt hatte und die empfangene Zeichenkombination damit gültig war. Das hier gezeigte Messgerät (Baujahr um das Jahr 1970) kann sowohl eine Außen- als auch eine Zentralstation steuern. Für die Überprüfung einer Übertragungsstrecke wird von einer Außenstation zur Zentralstation zu Testzwecken jede mögliche Zeichenkombinationen wahlweise manuell einzeln als auch automatisch nacheinander gesendet. Die Auswertung der empfangenen Zeichen an der Zentralstation erfolgt durch den Benutzer, optisch durch das mittlere Leuchtdiodenfeld oder gleichzeitig akustisch durch einen eingebauten Lautsprecher. Hörbeispiele (alle möglichen Zeichen werden nacheinander gesendet): Um 1985 wurde in Deutschland das erste durch einen Mikroprozessor gesteuerte Messgerät für Parallelmodems der Außenstation innerhalb der Deutschen Bundespost eingeführt, das TFT 20. Dieses Gerät war kleiner und leistungsfähiger als die vorhandene Messtechnik; so konnten zum Beispiel 511 Bit lange Prüftexte[16] entsprechend der damaligen CCITT-Empfehlung V.52[17] (heute ITU-T O.153[18]) auf dem frequenzmodulierten Rückkanal ausgewertet werden. Als Gegenstelle zum Empfang der Testdaten gab es allerdings nur eine Station im damaligen DatenTestCenter (DTC) der Deutschen Bundespost in Frankfurt am Main.[19][20] Endgeräte![]() ![]() Als Datenendeinrichtung wurde in der damaligen Zeit unter anderen das Kleinkartenlesegerät KKL 300[21] der Firma SEL verwendet. Es ähnelt im Aufbau einem Diaprojektor mit Rundmagazin und war häufig in Apotheken in Gebrauch.[22][23] Für viele Medikamente gab es kleine ABDA-Lochkarten[24] mit einer entsprechenden Kodierung. Bei einem Bedarf wurde diese Lochkarte in das Lesegerät eingesteckt, mittels Telefon und dann über das Parallelmodem eine Verbindung zum Großhandel hergestellt und damit eine Bestellung abgegeben. Diese Übertragungstechnik ist heute veraltet und wird nicht mehr angewendet; die Lochkarte ist allerdings noch in Gebrauch. Literatur
WeblinksCommons: Parallelmodems – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
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