Rekrutierung

József Bikkessy Heinbucher: Dudelsackspieler bei der Soldaten­werbung (Ungarn, 1816)

Unter Rekrutierung (von Rekrut) oder Aushebung wird im Militär die Einberufung von vorher gemusterten Soldaten, Wehrpflichtigen und Milizionären in den Militärdienst verstanden. Dadurch werden militärische Einheiten wieder auf die volle Anzahl (Sollstärke) gebracht. Es werden aber auch Rekrutierungen angeordnet, um neue Einheiten aufzustellen und Zwangsarbeiter für die Wirtschaft zu gewinnen.

Etymologie

Das Wort Rekrut stammt vom lateinischen recrescere (deutsch „wieder nachwachsen“) und bezeichnet den Prozess, militärische Einheiten auf die volle Anzahl aufzufüllen.

Zwangsrekrutierung

In Kriegs- oder Krisenzeiten werden mitunter Zwangsrekrutierungen vorgenommen, in denen Rekruten in den Dienst der jeweiligen Streitkräfte gepresst werden. In Friedenszeiten wird der Personalbedarf der Streitkräfte ggf. auf der Grundlage einer Wehrpflicht – ergänzend zu den Freiwilligen – gedeckt. Die Zwangsrekrutierung von Staatsangehörigen der gegnerischen Partei ist durch das Kriegsvölkerrecht untersagt.

Beispiele:

  • Knabenlese hieß das System der im Osmanischen Reich praktizierten Aushebung bzw. Zwangsrekrutierung und -islamisierung, bei der christliche, vorwiegend männliche Jugendliche aus ihren Familien verschleppt und islamisiert wurden, um sie anschließend zum Teil an hervorgehobener Stelle im Militär- und Verwaltungsdienst des Reiches einzusetzen.
  • Als Schanghaien wird in der Seemannssprache das gewaltsame Rekrutieren von Seeleuten für Kriegs- und Handelsschiffe durch Presskommandos bezeichnet.
  • Im Zweiten Weltkrieg wurden in den durch das Deutsche Reich besetzten Gebieten zusätzlich zu dem Freiwilligenaufkommen Männer aus Polen, Slowenien, Luxemburg (siehe Luxemburger Zwangsrekrutierte), Belgien, dem Elsass und Lothringen (Malgré-nous) zum Kriegsdienst in Wehrmacht oder Waffen-SS gezwungen. Betroffen waren rund 100.000 Elsässer und 30.000 Lothringer. Das NS-Regime betrachtete sie aufgrund ihrer Deutschstämmigkeit als Volksdeutsche. Auch wurden Frauen zwangsrekrutiert und meist in Rüstungsbetrieben eingesetzt.[1] Um der zwangsweisen Einziehung zu entgehen, gingen zahlreiche Männer in den Untergrund oder in den bewaffneten Widerstand. Deren Familien waren häufig Repressionen ausgesetzt. Nach dem Krieg wurden sie in ihrer Heimat oft als Kollaborateure behandelt.[2]
  • Im Drogenkrieg in Mexiko (seit 2006) werden vor allem finanziell schlechtergestellte Mexikaner in ländlichen Gebieten Ziel von Zwangsrekrutierungen durch Drogenkartelle. Über 125.000 Menschen verschwanden im Zuge des Krieges bzw. gelten als Vermisste Person. Nicht wenige werden von den Drogenkartellen entführt und – unter Androhung von Erschießung bei Verweigerung – zwangsrekrutiert.[3][4][5]
  • Vor Beginn der russischen Invasion in die Ukraine wurde ukrainischen Männern in den selbstproklamierten Volksrepubliken Donezk und Luhansk die Ausreise untersagt; viele wurden zwangsrekrutiert und nach einer militärischen Kurzeinführung ohne Verpflegung an die Front geschickt, um dort gegen ihre eigenen Landsleute zu kämpfen.[6][7][8] Nach Beginn der russischen Invasion gingen – je länger der Krieg vordauerte – auch die ukrainischen Streitkräfte aufgrund eines Mangels an Freiwilligen dazu über, Wehrpflichtige zwangszurekrutieren.[9][10][11][12]

Siehe auch

Literatur

Wiktionary: Rekrutierung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Bsp. Hella (Unternehmen), Buch: 100 Jahre Hella, S. 57.
  2. Norbert Haase: Von „Ons Jongen“, „Malgré-nous“ und anderen – Das Schicksal der ausländischen Zwangsrekrutierten im Zweiten Weltkrieg (PDF; 465 kB), Vortrag an der Universität Straßburg, 27. August 2011.
  3. »Wir leben auf einem Friedhof«. In: spiegel.de. 22. Juni 2025, abgerufen am 6. Juli 2025.
  4. Tim van Olphen: Mexiko: Das Land der Verschwundenen. In: Spiegel Online. Abgerufen am 6. Mai 2020.
  5. Jens Glüsing: (S+) Rauschgiftschwemme in Lateinamerika: Warum Mexiko und Kolumbien den Kampf gegen die Kartelle aufgegeben haben. In: Der Spiegel. 28. Januar 2024, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 30. Januar 2024]).
  6. Lina Verschwele: Zwangsmobilisierung im Donbass: Von Russland unterstützte Separatisten zwingen Männer zum Kämpfen. In: Spiegel Online. 5. Mai 2022, abgerufen am 5. Mai 2022.
  7. «Нас взяли в рабство в XXI веке и делают с нами, что хотят» („Wir wurden im 21. Jahrhundert versklavt und sie machen mit uns, was sie wollen“). Nowaja gaseta, 12. März 2022.
  8. «Всех мужчин пускают на пушечное мясо». Многие жители ДНР уже 50 дней прячутся от принудительной мобилизации на войну. Вот рассказ одного из них („Alle Männer dürfen Kanonenfutter sein“. Viele Bewohner der DVR verstecken sich schon seit 50 Tagen vor der Zwangsmobilmachung für den Krieg. Hier ist die Geschichte von einem von ihnen). Meduza, 12. April 2022.
  9. Zwangsrekrutierung in der Ukraine – ein Menschenfänger packt aus. In: stern.de. 7. Dezember 2024, abgerufen am 14. Juli 2025.
  10. Warum Ukrainer Rekrutierer der Armee töten. In: faz.net. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3. Februar 2025, abgerufen am 14. Juli 2025.
  11. Rekrutierung im Krieg gegen Russland: Von der Straße weg. In: taz.de. 24. November 2024, abgerufen am 14. Juli 2025.
  12. Die Front ist jetzt überall. In: spiegel.de. 10. Juli 2025, abgerufen am 13. Juli 2025.
Prefix: a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9

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